Rundschreiben Januar 2022

Ein Experte ist ein Mann, der hinterher genau sagen kann, warum seine Prognose nicht gestimmt hat.

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 01/2022:

Privates Veräußerungsgeschäft bei Trennung und anschließender Ehescheidung Keine Erbschaftsteuerpause beim Erwerb von Privatvermögen

Grundsteuererlass: Antrag bei erheblichen Mietausfällen

Kleine Fotovoltaikanlagen: Liebhaberei auf Antrag wurde konkretisiert Bewirtungskosten von Spielhallen nur teilweise steuerlich absetzbar Zur Teilwertzuschreibung von Fremdwährungsverbindlichkeiten

Verdeckte Gewinnausschüttung: Unentgeltliche Nutzungsmöglichkeit einer Immobilie

Garantiezusagen von Kfz-Händlern: Neue Regeln erst ab 2023 Ab 2022 gilt eine neue 10 %-Grenze für Aufsichtsratsmitglieder

Steuerfreier Kindergartenzuschuss: Das gilt bei Rückzahlung der Gebühren Freie Unterkunft und Verpflegung: Neue Sachbezugswerte für 2022 stehen fest

Ermäßigt zu besteuern: Abfindung im Rahmen einer Sprinterklausel Merkblatt zur Steuerklassenwahl 2022 für Ehegatten und Lebenspartner

Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 01/2022

Die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht ist oft Anlass für Streit mit dem Finanzamt. Dies gilt auch für kleine Fotovoltaikanlagen, sodass die Finanzverwaltung hier jüngst eine Vereinfachung geschaf- fen hat: Die Liebhaberei auf Antrag. Da in diesem Schreiben einige Fragen offengeblieben sind, wurde es nun konkretisiert.

Darüber hinaus ist in diesem Monat auf folgende Aspekte hinzuweisen:

  • Das Finanzgericht München hat sich mit einer interessanten Frage befasst: Kann ein privates Veräußerungsgeschäft auch bei einer Trennung und der danach folgenden Ehescheidung vorliegen, wenn die Ehefrau mit der Zwangsversteigerung des Einfamilienhauses drohte, um den Ehemann zur Veräußerung seines Miteigentumsanteils zu bewegen? Die Antwort des Fi- nanzgerichts lautet: Ja.
  • Geben Kfz-Händler ihren Autokäufern eine Garantiezusage, müssen sie eine neue Sicht- weise des Bundesfinanzministeriums beachten, die erhebliche versicherungs- und umsatz- steuerrechtliche Konsequenzen haben kann. Doch erst mal können Kfz-Händler aufatmen. Denn durch eine erneut verlängerte Übergangsfrist gelten die neuen Grundsätze erst für Ga- rantiezusagen, die ab dem 1.1.2023 erteilt werden.
  • Während der Coronapandemie haben viele Städte und Gemeinden den Einzug von Kinder- garten- bzw. Kinderbetreuungsgebühren ausgesetzt und zu einem späteren Zeitpunkt da- rauf verzichtet. Dennoch haben Arbeitgeber ihre Zuschüsse weiter ausgezahlt. Eine – bun- deseinheitlich abgestimmte – Verfügung der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen zeigt, wie bei der Lohnabrechnung vorzugehen ist.

Diese und weitere interessante Informationen finden Sie in der Ausgabe für Januar 2022. Viel Spaß beim Lesen!

Privates Veräußerungsgeschäft bei Trennung und anschließender Ehescheidung

In Deutschland wird rund jede dritte Ehe wieder geschieden. Demzufolge hat sich das Finanz- gericht München jüngst mit einer interessanten Frage befasst: Kann ein privates Veräußerungsge- schäft auch bei einer Trennung und der danach folgenden Ehescheidung vorliegen, wenn die Ehe- frau mit der Zwangsversteigerung des Einfamilienhauses drohte, um den Ehemann zur Veräußerung seines Miteigentumsanteils zu bewegen? Die Antwort des Finanzgerichts lautet: Ja.

Hintergrund

Private Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt, unterliegen der Spekulationsbesteuerung.

Ausgenommen sind aber Wirtschaftsgüter, die

  • im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwe- cken (1. Alternative) oder
  • im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwe- cken (2. Alternative) genutzt wurden.

Beachten Sie: Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt in beiden Alternativen voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen bewohnt wird. Der Steuerpflich- tige muss das Gebäude zumindest „auch” selbst nutzen; unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt hingegen nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.

Entscheidung

Nach Meinung des Finanzgerichts sind die Voraussetzungen für ein privates Veräußerungs- geschäft auch bei einer Trennung und der danach folgenden Ehescheidung erfüllt, wenn im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung die Ehefrau mit der Zwangsversteigerung drohte, um den Ehemann zur Veräußerung seines Miteigentumsanteils zu bewegen.

In einem solchen Fall kann sich der bisherige Ehemann den Zeitraum zwischen dem Auszug aus dem Familienheim, der nachfolgenden Scheidung und der danach erfolgten Veräußerung seines Miteigentumsanteils an seine bisherige Ehefrau nicht als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken zu- rechnen lassen – und zwar auch dann nicht, wenn der Zeitraum faktisch von ihr und dem gemeinsa- men Kleinkind ausgefüllt wurde.

Relevanz für die Praxis

Man darf gespannt sein, wie sich der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren positionieren wird. Hier wird dann u. a. geklärt werden, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass der bisherige Ehemann seinen Miteigentumsanteil allein seinem minderjährigen Kind in diesem Zeitraum überlas- sen haben will.

Höchstrichterlich geklärt ist bereits, dass eine Enteignung den Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts nicht erfüllt. Das Finanzgericht Düsseldorf hat zudem aktuell entschieden, dass Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften auch aus der Zwangsversteigerung von Grundstücken resultieren können. Eine etwaige wirtschaftliche Zwangslage steht danach der Annah- me einer willentlichen wirtschaftlichen Betätigung nicht entgegen.

Daher ist davon auszugehen, dass auch eine Veräußerung, die eine angedrohte Zwangsversteigerung vermeiden soll, den Veräußerungstatbestand erfüllt. Denn eine Vergleichbar- keit mit einem Eigentumsverlust infolge einer Enteignung dürfte nicht gegeben sein.

Interessant dürften im Revisionsverfahren auch die Ausführungen des Bundesfinanzhofs zum Ausnahmetatbestand (Nutzung zu eigenen Wohnzwecken) sein.

Beachten Sie: Bis zur höchstrichterlichen Klärung sollten betroffene Steuerbescheide nach Möglichkeit offengehalten werden.

Keine Erbschaftsteuerpause beim Erwerb von Privatvermögen

Der Bundesfinanzhof hat jüngst bestätigt, dass auch Erbfälle ab dem 1.7.2016 der Erb- schaftsteuer unterliegen. Die Entscheidung war von der Praxis mit Spannung erwartet worden, da insbesondere infrage gestellt wurde, ob der Gesetzgeber im November 2016 erbschaftsteuerrechtli- che Regelungen rückwirkend ab dem 1.7.2016 in Kraft setzen konnte.

Auslöser des Streits war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014. Die- ses hatte entschieden, dass das damals gültige Erbschaftsteuerrecht zwar verfassungswidrig war, trotzdem aber bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber weiter angewendet werden konnte. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, spätestens bis zum 30.6.2016 eine Neuregelung zu schaffen.

Der Bundesfinanzhof sah das aber anders. Da das Bundesverfassungsgericht festgelegt hatte, dass

das bisherige Recht bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar ist, ist die Festsetzung der Erb- schaftsteuer für das erworbene Privatvermögen auf Grundlage der bestehenden Bestimmungen rechtmäßig gewesen. Der Gesetzgeber hat lediglich die Besteuerung des Erwerbs von Betriebs- vermögen neu geregelt. Nicht geändert haben sich (wie im Streitfall) die Regelungen zum Erwerb von Privatvermögen.

Beachten Sie: Deshalb konnte der Bundesfinanzhof auch offenlassen, ob die 2016 geänder- ten großzügigen Regelungen zum Erwerb von Betriebsvermögen verfassungskonform sind. Denn sie spielten im Streitfall keine Rolle.

Grundsteuererlass: Antrag bei erheblichen Mietausfällen

Bei erheblichen Mietausfällen in 2021 besteht bis zum 31.3.2022 die Möglichkeit, einen teil- weisen Erlass der Grundsteuer zu beantragen.

Voraussetzung ist eine wesentliche Ertragsminderung, die der Steuerpflichtige nicht zu ver- treten hat. Diese liegt vor, wenn der normale Rohertrag um mehr als die Hälfte gemindert ist. Ist dies der Fall, kann die Grundsteuer um 25 % erlassen werden.

Beachten Sie: Fällt der Ertrag in voller Höhe aus, ist sogar ein Grundsteuererlass von 50 % möglich.

Kleine Fotovoltaikanlagen: Liebhaberei auf Antrag wurde konkretisiert

Die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht ist oft Anlass für Streit mit dem Finanzamt. Dies gilt auch für kleine Fotovoltaikanlagen, sodass die Finanzverwaltung hier eine Vereinfachung ge- schaffen hat: Die Liebhaberei auf Antrag. Da in diesem Schreiben Fragen offengeblieben sind, wur- de es nun konkretisiert.

Auf schriftlichen Antrag des Steuerpflichtigen ist ohne weitere Prüfung zu unterstellen, dass die Fotovoltaikanlage oder vergleichbare Blockheizkraftwerke (BHKW) nicht mit Gewinnerzielungs- absicht (= steuerlich unbeachtliche Liebhaberei) betrieben werden. Der Antrag wirkt in allen offenen Veranlagungszeiträumen (VZ) und für die Folgejahre.

Die Liebhaberei gilt für kleine Fotovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu

10 kW/kWp sowie für kleine BHKW mit einer installierten Leistung von bis zu 2,5 kW. Betreiber kön- nen eine steuerpflichtige Person oder eine Mitunternehmerschaft sein.

Hinsichtlich der Definition der Grenzen erfolgten Konkretisierungen: Alle Fotovoltaikanla- gen/BHKW, die von einer antragstellenden Person betrieben werden, bilden einen einzigen Betrieb, sodass die jeweiligen Leistungen zu addieren sind. Das gilt sowohl für Anlagen, die sich auf demsel- ben Grundstück befinden als auch für Anlagen auf verschiedenen Grundstücken. Es sind auch Anlagen einzubeziehen, die die übrigen Voraussetzungen der Vereinfachungsregelung nicht erfüllen (z. B. Anlagen, deren Strom einem Mieter des Antragstellers zur Verfügung gestellt wird).

Es ist unschädlich bzw. für die Antragstellung unerheblich, ob sich die Anlage

  • auf einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhaus,
  • einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Zweifamilienhaus (mit einer vermieteten Woh- nung) oder
  • auf einem Mehrfamilienhaus (mit zumindest einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung) befindet.

Zudem ist zu beachten, dass der (teilweise) Verbrauch des Stroms durch einen Mieter oder zu an- derweitigen eigenen oder fremden betrieblichen Zwecken technisch ausgeschlossen sein muss. Dies gilt nicht, wenn die Mieteinnahmen 520 EUR im VZ nicht überschreiten.

Bei Neuanlagen (Inbetriebnahme nach dem 31.12.2021) ist der Antrag bis zum Ablauf des VZ zu stellen, der auf das Jahr der Inbetriebnahme folgt. Bei Altanlagen (Inbetriebnahme vor dem 31.12.2021) ist der Antrag bis zum 31.12.2022 zu stellen.

Beachten Sie: Anlagen, die vor 2004 in Betrieb genommen wurden, und die nach dem Aus- laufen der Förderung in die Einspeisevergütung im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 3 EEG 2021 eintreten (ausgeförderte Anlagen), können frühestens nach 20 Jahren Betriebsdauer zur Liebhaberei übergehen. Der Antrag wirkt hier erst für den VZ, der auf den VZ folgt, in dem letztmalig die garantier- te Einspeisevergütung gewährt wurde.

Gesetzliche Neuregelung?

In Fachkreisen wird mitunter kritisiert, dass ein derartiger Eingriff in die Besteuerung nur durch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums geregelt wird, das die Gerichte nicht bindet.

Aber auch auf der Gesetzgebungsebene scheint das Thema „Fahrt aufzunehmen“. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtli- cher Vorgaben im Umsatzsteuerrecht“ am 5.11.2021 gefordert, bereits für den

VZ 2021 eine (Ertrags-)Steuerbefreiung für die Stromerzeugung aus Solaranlagen mit einer mögli- chen Gesamtleistung von bis zu 30 kW und aus BHKW mit einer installierten elektrischen Leistung von bis zu 7,5 kW zu schaffen. Die weitere Entwicklung bleibt vorerst abzuwarten.

Bewirtungskosten von Spielhallen nur teilweise steuerlich absetzbar

Stellt eine Spielhalle ihren Besuchern kostenlose Getränke und Snacks zur Verfügung, so liegt hierin eine Bewirtung aus geschäftlichem Anlass, deren Kosten den Gewinn nur zu 70 % mindern. Dies hat das Finanzgericht Köln entschieden.

Nach der Urteilsbegründung ist die unentgeltliche Überlassung von Speisen und Getränken zum so- fortigen Verzehr durch Kunden stets eine Bewirtung, die zum eingeschränkten Betriebsausgaben- abzug führt. Es kommt nicht darauf an, ob die Beköstigung im Vordergrund steht oder ob diese aus der Sicht des Bewirtenden in erster Linie der Werbung oder Repräsentation dient.

Bloße Aufmerksamkeiten gegenüber den Besuchern, bei denen die Finanzverwaltung einen vollständigen Betriebsausgabenabzug zulässt, liegen nicht vor. Denn es handelt sich hier nicht nur um eine Geste der Höflichkeit. Vielmehr soll sich der Spielgast möglichst lange in der Spielhalle aufhalten, damit höhere Einnahmen erzielt werden.

Beachten Sie: Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Denn die GmbH hat Nichtzulas- sungsbeschwerde eingelegt, die beim Bundesfinanzhof anhängig ist.

Zur Teilwertzuschreibung von Fremdwährungsverbindlichkeiten

Der höhere Ansatz einer Verbindlichkeit aus einem Fremdwährungsdarlehen (Teilwertzu- schreibung) ist dann zulässig, wenn der Euro-Wert gegenüber der Fremdwährung aufgrund einer fundamentalen Änderung der wirtschaftlichen oder währungspolitischen Daten der beteiligten Wäh- rungsräume gesunken ist. So lautet eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs.

In der Steuerbilanz dürfen Verbindlichkeiten, die in einer anderen Währung als dem Euro zu erfüllen sind, nur dann mit einem höheren Wert als dem Wert im Zeitpunkt ihrer Begründung ausge- wiesen werden, wenn die zum Bilanzstichtag aufgetretenen Änderungen des Wechselkurses voraus- sichtlich dauerhaft sind. Bei langfristigen Fremdwährungsverbindlichkeiten ist dies regelmäßig nicht der Fall, da hier angenommen werden kann, dass sich die Wertunterschiede bis zum Zeitpunkt der Darlehensrückzahlung wieder ausgleichen.

Eine voraussichtlich dauernde Wertänderung kann aber angenommen werden, wenn sich die Währungsdaten zwischen dem Euro-Währungsraum und der Fremdwährung (hier dem Schweizer Franken) so fundamental ändern, wie dies zum Bilanzstichtag 31.12.2010 wegen der europäischen Staatsschuldenkrise der Fall war.

Verdeckte Gewinnausschüttung: Unentgeltliche Nutzungsmöglichkeit einer Immobilie

Für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung reicht bereits die jederzeitige Möglichkeit der unentgeltlichen Nutzung einer in Spanien gelegenen Immobilie einer spanischen Kapitalgesellschaft durch deren in Deutschland ansässige Gesellschafter aus. Auf den Umfang der tatsächlichen Nutzung kommt es nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Hessen (Revision anhängig) nicht an.

Zum Hintergrund: Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung handelt es sich – vereinfacht – um Vermögensvorteile, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft außerhalb der gesell- schaftsrechtlichen Gewinnverteilung gewährt werden. Eine verdeckte Gewinnausschüttung darf den Gewinn der Kapitalgesellschaft nicht mindern.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung schied im Streitfall auch nicht deshalb aus, weil die Im- mobilie nur zu sehr kurzen Aufenthalten genutzt wurde, welche den Zweck hatten, den Verkaufs- prozess der Immobilie zu fördern.

Garantiezusagen von Kfz-Händlern: Neue Regeln erst ab 2023

Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus 2018 ist die entgeltliche Garantiezusa- ge eines Kfz-Händlers keine unselbstständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung, sondern eine eigenständige Leistung. Ursprünglich wollte das Bundesfinanzministerium die neue Rechtsprechung bereits auf Garantiezusagen anwenden, die nach dem 30.6.2021 abgegeben werden. Dann erfolgte eine Verlängerung (ab dem 1.1.2022). Da auch diese Frist offensichtlich zu kurz angesetzt wurde, gilt die neue Sichtweise nun für Garantiezusagen, die ab dem 1.1.2023 erteilt werden.

Enorme Auswirkungen für die Praxis

Händler, die Autokäufern eine Garantiezusage erteilen, werden steuerrechtlich gesehen zu Versi- cherern. Im Zweifel müssen sie sich daher u. a. beim Bundeszentralamt für Steuern registrieren las- sen, Versicherungssteuer abführen und entsprechende Aufzeichnungspflichten beachten.

Wegen der versicherungssteuerpflichtigen, aber umsatzsteuerfreien Garantiezusagen ist der Vorsteuerabzug des Händlers aus den Eingangsleistungen im Zusammenhang mit diesen steuer- freien Umsätzen grundsätzlich ausgeschlossen.

Ab 2022 gilt eine neue 10 %-Grenze für Aufsichtsratsmitglieder

Der Bundesfinanzhof hat 2019 – entgegen bisheriger Rechtsprechung – entschieden, dass das Mitglied eines Aufsichtsrats nicht als umsatzsteuerlicher Unternehmer tätig ist, wenn es wegen

einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trägt. Nun hat auch das Bundesfinanzmi- nisterium seine Sichtweise angepasst. Unter Ausblendung der verfügten Sonderregelungen für Be- amte und politische Mandatsträger gelten folgende Grundsätze:

Eine Festvergütung liegt insbesondere bei einer pauschalen Aufwandsentschädigung vor, die für die Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat gezahlt wird. Sitzungsgelder für tatsächliche Teilnahmen sowie nach dem tatsächlichen Aufwand bemessene Aufwandsentschädigungen sind allerdings keine Festvergütung.

Besteht die Vergütung des Mitglieds sowohl aus festen als auch aus variablen Bestandteilen (Mischvergütung), ist es grundsätzlich selbstständig tätig, wenn die variablen Bestandteile im Kalen- derjahr mindestens 10 % der gesamten Vergütung (einschließlich erhaltener Aufwandsentschädi- gungen) betragen. Reisekostenerstattungen sind keine Vergütungsbestandteile und demzufolge bei der Ermittlung der 10 %-Grenze nicht zu berücksichtigen. Diese Kriterien sind für jedes Mandat eines Aufsichtsrats separat zu prüfen.

Das Bundesfinanzministerium weist darauf hin, dass in begründeten Fällen Ausnahmen möglich sind, ohne dies näher auszuführen.

Beachten Sie: Die Neuregelungen sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es gibt jedoch eine Nichtbeanstandungsfrist, wonach die bisherige Sichtweise auf Leistungen angewendet werden kann, die bis einschließlich dem 31.12.2021 ausgeführt worden sind.

Steuerfreier Kindergartenzuschuss: Das gilt bei Rückzahlung der Gebühren

Während der Coronapandemie haben viele Städte und Gemeinden den Einzug von Kinder- garten- bzw. Kinderbetreuungsgebühren ausgesetzt und zu einem späteren Zeitpunkt darauf ver- zichtet. Dennoch haben Arbeitgeber ihre Zuschüsse weiter ausgezahlt. Eine – offenbar bundes- einheitlich abgestimmte – Verfügung der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen zeigt, wie bei der Lohnabrechnung vorzugehen ist.

Zum Hintergrund: Nach § 3 Nr. 33 Einkommensteuergesetz sind steuerfrei: Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleich- baren Einrichtungen. Barzuwendungen an den Arbeitnehmer sind nur steuerfrei, soweit der Arbeit- nehmer dem Arbeitgeber die zweckentsprechende Verwendung nachgewiesen hat. Der Arbeitge- ber muss die Nachweise im Original als Belege zum Lohnkonto aufbewahren.

Haben Städte und Gemeinden Kindergarten- bzw. Kinderbetreuungsgebühren nicht eingezo- gen bzw. bereits erhobene Beiträge erstattet, wird es für das Kalenderjahr 2020 auch ohne aus- drückliche, im Vorhinein getroffene Vereinbarung nicht beanstandet, wenn von einer Darlehensge- währung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer ausgegangen wird. Somit bleiben die Arbeitgeber- leistungen für 2020 grundsätzlich steuerfrei.

Die in 2020 geleisteten Zuschüsse sind mit den in 2021 entstehenden Unterbringungs- und Betreuungskosten zu verrechnen. Das bedeutet: Sind die Kosten niedriger als der Betrag, den der Arbeitgeber in 2020 zu Unrecht steuerfrei belassen hat, ist der Differenzbetrag als steuer- und bei- tragspflichtiger Arbeitslohn zu behandeln.

Freie Unterkunft und Verpflegung: Neue Sachbezugswerte für 2022 stehen fest

Die Sachbezugswerte für freie oder verbilligte Verpflegung und Unterkunft werden jähr- lich an die Entwicklung der Verbraucherpreise angepasst. In 2022 beträgt der Sachbezugswert für freie Unterkunft 241 EUR monatlich (in 2021 = 237 EUR). Der monatliche Sachbezugswert für Ver- pflegung steigt in 2022 um 7 EUR auf 270 EUR.

Aus dem monatlichen Sachbezugswert für Verpflegung abgeleitet, ergeben sich folgende

Sachbezugswerte für die jeweiligen Mahlzeiten:

Sachbezugswerte für 2022 (Werte für 2021 in Klammern)

Mahlzeit

monatlich

kalendertäglich

Frühstück

56 EUR (55 EUR)

1,87 EUR (1,83 EUR)

Mittag- bzw. Abendessen

107 EUR (104 EUR)

3,57 EUR (3,47 EUR)

Beachten Sie: Bei Addition der kalendertäglichen Werte ergibt sich infolge der Rundungen ein Betrag von 9,01 EUR. Es gelten aber 9,00 EUR (270 EUR/30).

Ermäßigt zu besteuern: Abfindung im Rahmen einer Sprinterklausel

Die einvernehmliche Auflösung eines Arbeitsverhältnisses erfolgt regelmäßig (auch) im Inte- resse des Arbeitgebers. Eine im Gegenzug gezahlte Abfindung ist daher in der Regel als Entschädi- gung ermäßigt zu besteuern. Dies gilt nach Ansicht des Finanzgerichts Hessen grundsätzlich auch für eine (zusätzliche) Abfindung, die für die (vorzeitige) Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Wahrnehmung einer Sprinterklausel gezahlt wird. Denn hier kann die Kündigung durch den Arbeit- nehmer nicht separat, sondern nur im Zusammenhang mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses insgesamt betrachtet werden.

Das Finanzamt unterwarf nur die aus der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses resultierende Abfindung der ermäßigten Besteuerung, nicht aber den wegen der Ausübung der Sprinterklausel er- haltenen Betrag. Es verwies auf ein Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen, das die Ausübung der Kündigung als neues auslösendes Ereignis gewertet hatte.

Das Finanzgericht Hessen hat nun allerdings anders entschieden: Auch diese Abfindung fin- det ihren Rechtsgrund in der Aufhebungsvereinbarung und ist nicht getrennt davon zu betrachten. Mit der Kündigungserklärung übt der Arbeitnehmer lediglich sein in der Auflösungsvereinbarung ein- geräumtes Recht zur vorgezogenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus. Dieser Gesamtkon- text überlagert die Tatsache, dass die Kündigung einseitig vom Arbeitnehmer ausgeht.

Merkblatt zur Steuerklassenwahl 2022 für Ehegatten und Lebenspartner

Das von der Finanzverwaltung veröffentlichte „Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2022 bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind“, soll die Steuerklassenwahl erleichtern. Das Merkblatt kann unter www.iww.de/s5621 heruntergeladen werden.

Die in der Anlage des Merkblatts beigefügten Tabellen sind allerdings nur in den Fällen genau, in denen die Monatslöhne über das ganze Jahr konstant bleiben. Zudem besagt die einbehaltene Lohnsteuer noch nichts über die Höhe der Jahressteuerschuld. Denn die vom Arbeitslohn einbehalte- nen Lohnsteuerbeträge stellen grundsätzlich nur Vorauszahlungen auf die endgültige Jahressteuer- schuld dar. In welcher Höhe sich nach Ablauf des Jahres Erstattungen oder Nachzahlungen ergeben, lässt sich nicht allgemein sagen. Maßgebend sind die Verhältnisse des Einzelfalls.

Beachten Sie: Zudem können die Lohnsteuerklassen auch Einfluss auf die Höhe von Lohn- ersatzleistungen und Elterngeld haben.

Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 01/2022

Im Monat Januar 2022 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten:

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 10.1.2022
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 10.1.2022

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeits- termin vorliegen.

Beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zah- lung durch Überweisung endet am 13.1.2022. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Januar 2022 am 27.1.2022.

Anmerkung zur Genderneutralität: Bei der Abfassung meiner Dokumente, Ak- tennotizen und Anschreiben habe ich mich bewusst für die Verwendung des generischen Maskulinums entschieden. Das soll in keinerlei Weise eine Wertung bezüglich des biologischen Geschlechts sein. Doch solange die Gentrifizierung und das allgegenwärtige Gendersternchen nicht Einklang in die amtliche Rechtschrei- bung gefunden haben, verbleibe ich aus reinen Gründen der Lesbarkeit beim generischen Maskulinum. Damit sei aber klargestellt, dass Mandaten, Mieter, Unternehmer und Mitarbeiter als auch andere angesprochene Beteiligte auch Mandantinnen, Mieterinnen, Unternehmerinnen und Mitarbeiterinnen etc. um- fasst.