Freiberufler und Gewerbetreibende Investitionsabzugsbetrag: Beim Auftragnehmer gelagerte Werkzeuge

Wird ein Wirtschaftsgut bei einem fremden Unternehmen im Ausland gelagert, ist ein
Investitionsabzugsbetrag dennoch möglich. Das gilt nach Ansicht des Finanzgerichts Niedersachsen
zumindest dann, wenn die tatsächliche Gewalt über das Wirtschaftsgut innerhalb
kurzer Frist wiedererlangt werden kann und damit im Einflussbereich des Betriebs verbleibt.

Hintergrund
Für die künftige (Investitionszeitraum von drei Jahren) Anschaffung oder Herstellung
eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens können Steuerpflichtige
bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs-/Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen.
Der so erzielbare Steuerstundungseffekt soll Investitionen von kleinen und mittelständischen
Betrieben erleichtern.
Voraussetzung ist u. a., dass das Wirtschaftsgut mindestens bis zum Ende des dem
Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs in einer inländischen
Betriebsstätte des Betriebs genutzt wird.

Vereinfachter Sachverhalt
Ein deutsches Unternehmen (UD) benötigte für die Herstellung eines neu entwickelten Produkts
u. a. Kunststoffformteile, die im Spritzgussverfahren hergestellt werden. Die Spritzgussformen
werden in der Produktion als „Werkzeuge” in universelle Spritzgussmaschinen eingesetzt und
produzieren dann die Kunststoffformteile. Bei der Herstellung der Spritzgussformen bediente sich
UD eines Unternehmens in Italien (UI). Dieses sollte später auch die Spritzgussteile liefern und
demzufolge die Werkzeuge im Besitz behalten. Die neuen Werkzeuge, Konstruktionszeichnungen
und Datenblätter gingen in das Eigentum der UD über.
UD machte für die Werkzeuge einen Investitionsabzugsbetrag geltend und nahm Sonderabschreibungen
vor. Das Finanzamt lehnte das jedoch ab: Es bestehe eine unentgeltliche Überlassung
der Werkzeuge an UI in Italien, sodass die erforderliche Nutzung in einer inländischen Betriebsstätte
nicht vorliege. Doch das sah das Finanzgericht Niedersachsen anders.
Es hat keine außerbetriebliche Nutzung stattgefunden. UI hat die Werkzeuge nämlich
nicht für Produkte anderer Unternehmen oder eine Eigenproduktion benutzt. Anderen Unternehmen
war die Nutzung vielmehr untersagt. Das Eigentum blieb die ganze Zeit bei UD.
Es ist naheliegend, das Merkmal „Verbleiben“ nicht streng örtlich („Betriebshof”), sondern
vielmehr „funktional“ aufzufassen. Die Werkzeuge waren funktional ausschließlich dem Betrieb
der UD zugeordnet. UD konnte die Werkzeuge jederzeit herausverlangen, was auch vertraglich
vereinbart war.

Praxistipp: Da gegen diese Entscheidung inzwischen die Revision anhängig ist, sollten geeignete
Fälle vorerst offengehalten werden.